Braucht es bei einer Trennung einen Rechtsanwalt?
- Jürg Diener
- 15. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Aug.

«Ich habe bereits über 7'000 Franken für meine Anwältin ausgegeben. Passiert ist bis jetzt gar nichts. Es ist nur ein Hin- und Her zwischen den Anwälten der Parteien.» J. Zahnarzt aus Genf
«Vielen Dank für Ihre Empfehlung, ohne Anwalt an die Verhandlung zu gehen. Ihre Hinweise, wie es vor Gericht abläuft und wie ich mich verhalten soll, waren sehr nützlich und hilfreich. Es ist alles sehr gut verlaufen. Der Richter hat mir erklärt, was die Gegenanwältin mit ihrem Votum meinte. Ebenso ist der Richter auf meine Anliegen eingegangen und hat zusätzliche Fragen gestellt. Das so verhandelte Resultat ist für mich stimmig.» W. Vater aus dem Aargau
«Ich war der Meinung, dass man sich immer einen Anwalt nehmen muss, wenn man vor Gericht geht. Wäre mir bewusst gewesen, dass dies auch ohne Anwalt möglich ist, hätte ich darauf verzichtet. Das Geld hätte ich mir sparen können.» L. Vater und Handwerker aus Zürich
Eine Rechtsanwältin verpflichtet sich, die Interesse ihre Mandantin oder ihres Mandanten zu vertreten. Und sind diese noch so abstrus oder ungerechtfertigt.
Ich frage mich aber, wie es eine Anwältin ethisch und mit ihrem Gewissen vertreten kann, eine Mutter, die mit fadenscheinigen Argumenten und Ausreden dem Kindsvater über Monate die Kinder vorenthält, bei ihrem Vorhaben aktiv zu unterstützen. Und damit einen aktiven Beitrag zur Entfremdung der Kinder gegenüber ihrem Vater leistet.
Meine Erfahrungen zur Rolle respektive zum Einbezug von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bei Trennungen und Scheidungen:
Einvernehmliche Lösungen zu finden wird schwierig, ja sogar unmöglich, wenn sich zwei kampf- und prestigesüchtige Anwältinnen gegenüberstehen. Und oft ist es dann so, dass am Ende der Verhandlungen die Anwälte die einzigen sind, die mit dem Resultat zufrieden sind.
Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich Anwältinnen oder Anwälte, die Väter vertreten, meist sehr passiv verhalten, weil sie genau wissen, dass die Gerichte grossmehrheitlich immer noch zu Gunsten der Mutter entscheiden. Sie raten dann den Vätern nur, dass diese doch den Vorschlag der Gegenpartei akzeptieren sollen; da sei sowieso nicht viel zu machen.
Vielfach versuchen Rechtsanwält/innen auch, über die Forderungen der Kindsmutter oder die einvernehmliche Lösung zwischen Kindsvater und Kindsmutter hinauszugehen. Das löst dann unweigerlich weitere Diskussionen und Verhandlungen zwischen den Parteien aus, was primär dem Portemonnaie der Anwälte zu Gute kommt. Und mündet schliesslich in einen unbefriedigenden Kompromiss, den weder die Kindsmutter noch der Kindsvater so geplant hatten.
Wenn eine Partei ohne Anwalt vor Gericht geht, muss dies das Gericht gebührend berücksichtigen und zum Beispiel dieser Partei auch Fragen stellen und ebenfalls erklären, was die Anwältin der Gegenpartei mit ihren Ausführungen sagen will.
Ich empfehle den Vätern immer, auf einen Rechtsanwalt zu verzichten, wenn es sich um eine «normale» Trennung oder Scheidung handelt. Darunter verstehe ich einerseits der Entscheid über die Obhut, das Besuchsrecht und die Unterhaltszahlungen. Aus meiner Sicht soll nur dann ein Rechtsanwalt beigezogen werden, wenn es um die finanzielle Aufteilung eines undurchsichtigen Firmenkonstrukts geht oder wenn das scheidende Paar gemeinsam in Immobilien investiert hat und sie sich über die Aufteilung nicht einigen kann.
Viele Ratgeber empfehlen, dass man unbedingt auch einen Rechtsanwalt beiziehen solle, wenn das die Gegenpartei macht. Ich bin da, wie oben erwähnt, gegenteiliger Meinung.
Besser ist es, vor dem Gang zum Gericht mit Hilfe eines neutralen Rechtsanwaltes, einer Mediatorin oder anderen Beratungsstellen wie zum Beispiel Väterberatung und Coaching Schweiz, zu versuchen, eine einvernehmliche, konsensorientierte Lösung zu suchen.
Anders verhält es sich im Strafrecht: Sollte ein Vater von der ehemaligen Partnerin (zu unrecht) beschuldigt worden sein, sie sei zum Beispiel zu uneinvernehmlichen Sex gezwungen worden, so rate ich in jedem Fall, einen Anwalt beizuziehen. Sollte sich die Anschuldigung tatsächlich als ungerechtfertigt erweisen, empfehle ich, die Gegenpartei wegen Falschbeschuldigung zu verklagen.
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